Dienstag, 24. September 2013

"Unwetter"

Als wir das erste Mal hier in Paraguay waren, es war August, Ferienzeit in Europa, waren wir erstaunt, dass man hier im Winter Temperaturen von bis 30° vorfindet. Ich erinnere mich, dass wir keinen einzigen Tag eine Jacke tragen mussten und nur sommerlich gekleidet in den hierzulande üblichen "Badelatschen" herum liefen. Im letzten Jahr dann hatten wir Besuch aus der Schweiz, fast jeden Tag vergnügten wir uns im Pool zur Abkühlung. Dieses Jahr, nun, war alles anders. Im Juli wurde es bitter kalt! In der Nacht sank die Temperatur unter Null. Rauhreif am Morgen auf unserem Rasen. Meine Orchideen, oje, werden die das überleben? " Ja, die halten schon etwas aus",beruhigte mich Gudrun,    " wenn die Temperatur in der Nacht nicht allzu  lange unter Null ist, werden die das aushalten!" Erst gerade hatte ich nämlich die erste Blüte entdeckt, ein wunderschönes Lila. Die grösste Bananenstaude hatte ihren ersten Blütenstand gerade ausgebildet. 


...ohhh die erste Blüte!


sie blüht, die Erste!

...brrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrrr....

Rauhreif!

fast wie Schnee

Die Nächte waren bitter kalt, ich schlief in Jacke und dicken Socken! Unser Ofen kam  zum Einsatz und die Klimaanlagen liefen 24 Stunden auf "HEAT". ( Ich "freue" mich schon auf die Stromrechnung!!)
Und, es kam, wie es kommen musste.......die Blätter der Bananenstauden wurden nach ein paar Tagen braun, der junge Mangobaum verfärbte sich verdächtig, die Mammonfrüchte schrumpften am Stamm und die Blätter der Papageienblume verwandelten sich in ein hellbraunes Etwas..........erfroren!  Den Orchideen hat die Kälte nicht geschadet, und das Avocadobäumchen scheint als einziger Baum dem Winter erfolgreich getrotzt zu haben.
Jeden Tag betrachte ich den Mangobaum, suche neue Knospen zu entdecken und rede ihm gut zu, dass er sich doch erholen möge. Die Bananenernte, die so erfolgversprechend  begonnen hatte, fällt dieses Jahr aus. Leider!
Zu meiner und besonders Peter`s Freude haben unser Gemüsegarten und die Tomatenpflänzchen keinen Schaden davon getragen. Mein ganzer Stolz ist der Knollensellerie! Von Christian habe ich Setzlinge erhalten, eine Seltenheit in Paraguay. Der erste Spinat wurde in Form von Salat und als Blattspinat mit Käse genüsslich verspeist.


unser Freund Christian, 80 Jahre alt, aus Grabs SG , seit über 30 Jahren in Paraguay

..und sein liebevoll angelegter Gemüsegarten

Der August verhielt sich ähnlich wie der Juli. Neben wunderbar warmen Tagen mit über 30° fiel eine Menge Regen, was aussergewöhnlich ist, da die Regenzeit eigentlich im Sommer ist, folgten Tage und besonders Nächte mit Eiseskälte.
" Dieses Jahr gibt es den kältesten September seit Jahren!" verkündete Carlos eines Tages. Naja, warten wir mal ab. Die Woche vor dem Frühlingsanfang am 21. September war jedenfalls entgegen allen Wettervorhersagen schön und warm. 
21. September 2013: Ein warmer Tag, etwas bewölkt. Abends sind wir bei Sommerlads zum Abendessen. Wir sitzen im Quincho unter dem Ventilator und wollen eigentlich um 20.00 Uhr nach Hause, doch unser angeregtes  Gespräch zieht sich in die Länge. Da kommt plötzlich Wind auf, und es beginnt zu regnen. Die Hunde werden unruhig! Der Regen wird heftiger.....und ....ein entferntes Geräusch, ähnlich dem Brummen eines Flugzeugs...............dann ein Knallen und Donnern!  Hagelkörner in der Grösse eines Tennisballs fallen mit über 200 km/h vom Himmel! Nur die ersten Körner sind so gross, die Folgenden haben die Grösse von Golfbällen, nur flacher! Du meine Güte unser Auto! Der arme Idefix schläft im Auto, das unter freiem Himmel steht! Machen kann man nichts, uns bleibt nur abzuwarten und die Hunde zu beruhigen. Unheimlich das laute Knallen! Nach ungefähr einer Viertelstunde ist alles vorbei! Wir genehmigen uns erst einen Whiskey, dann verabschieden wir uns, um nach Idefix und dem Auto zu sehen und gleich nach Hause zu fahren. 


..ui ui ui...



Der Schaden am Auto ist erheblich,  Idefix ist wohlauf und freut sich ,schwanzwedelnd, uns zu sehen!
Zum Glück haben wir eine Vollkaskoversicherung. Doch, wie sieht es wohl bei uns zu Hause aus???
Unser Haus steht ca. 3 km Luftlinie entfernt von der Villa Sommerlad!
Ohhhhhhhh Wunder.........kein einziges Hagelkorn ist hier vom Himmel gefallen, alles ist so, wie wir es verlassen hatten! Gott sei Dank!
Am nächsten Tag vernehmen wir, dass die umliegenden Städte und Dörfer schwer getroffen worden sind, und das Unwetter grossen Schaden angerichtet hat.
Bei uns fällt bloss für 15 Stunden der Strom aus!

Überstanden!



eben stehen die gelben Lapachos in voller Blüte

Freitag, 6. September 2013

132 Jahre San Bernardino, Cordillera, Paraguay

Am 24. August 1881, nach dem Tripelallianzkrieg, wurde der Grundstein der heutigen Stadt San Bernardino von deutschen Einwanderern gelegt. Sie wurde nach dem amtierenden Präsidenten der Republik, General Bernardino Caballero, benannt. Noch heute ist das deutsche Kulturgut sichtbar, und eine grosse Anzahl der Einwohner tragen typisch deutsche Nachnamen,wie Kiese, Naumann und Förster. Unser Elektriker z.B. heisst Haudenschild, spricht aber kein Deutsch. Sein Grossvater wanderte von der Schweiz nach Argentinien aus, der Vater dann nach Paraguay ein.

Presidente Bernardino Caballero

Die Stadt liegt am einst schön blauen Ypacaraisee, ungefähr 45 km von Asuncion entfernt. Lange Zeit galt sie als reine "Sommerstadt" und hatte in den Monaten Dezember bis Februar  Hochkonjunktur.  Die reichen Asuncioner haben hier ihre Wochenend- und Ferienvillen zur Erholung am See gebaut. Heute jedoch ist die Stadt "Sanber" das ganze Jahr ein beliebtes Ausflugsziel für Touristen. Leider ist im letzten Jahr der mythische, blaue Ypacaraisee kontaminiert. Blaualgen entwickelten sich in Windeseile, so dass das Gesundheitsministerium ein Badeverbot erlassen musste. Abwassersünder wurden gesucht und auch gefunden. Schlachtereien, Gerbereien und weitere Industriezweige liessen ihre Abwässer einfach in den See laufen. Man kann sich vorstellen, was da bei 45° im Sommer geschehen musste!! Bis heute hat man dieses grosse Umweltproblem nicht im Griff . Das Badeverbot ist zwar aufgehoben, aber der nächste Sommer kommt bestimmt! Das Trinkwasser der Stadt  ist dermassen mit Chemikalien versetzt, dass meine Freundin Gudrun, sie hat eine Chlorallergie, sich nicht mehr mit dem Wasser duschen kann. Als sie den Fischteich reinigte und dann Wasser aus der Leitung zulaufen liess, waren am nächsten Morgen alle Fische tot. Wir beziehen unser Wasser nicht aus Sanber, sondern von Altos, das etwas höher als San Bernardino liegt. So ist es naheliegend, dass wir unsere Freunde mit unserem Wasser versorgen, jedenfalls mit Trinkwasser für ihre 5 Hunde. Unser Trinkwasser wird jeden Dienstag per Lastwagen geliefert in 20 l Behältern zu 10000 Guaranies.
Doch nun zurück zur Geburtstagsfeier.
Das Datum der Feierlichkeiten fiel dieses Jahr auf einen Samstag. Schon morgens um 5 Uhr beginnt das Fest mit einem Feuerwerk. Wir waren natürlich nicht mit dabei, das war uns dann doch zu früh. Aber so gegen 10 Uhr gehen wir ja jeden Samstag auf den Agromuni (Agromercado de la Municipalidad). Hier treffen wir unsere Freunde, Isa und Hans, den Produzenten von TV Tucangua, dem einzigen ,deutschen TV-Sender in Paraguay, dann Eva und Michael, Klaus und Tanja, Brigitte und Hanspeter, ab und zu kommen auch Mägi und Martin Gemüse kaufen und noch viele andere, nette Leute. In gemütlicher Runde wird getrunken, gegessen und natürlich geplaudert.
Heute steht der Markt nicht auf seinem gewohnten Platz, sondern auf dem Rasen dahinter. Es gibt einen Umzug, eine Menge Menschen stehen bereit und säumen die Strasse. Fliegende Händler bieten ihre Waren an von Zuckerwatte bis zu Hüten und Handschuhen!!! ( es ist kalt und regnerisch, der kälteste Winter seit 9 Jahren). Ich stelle mich an den Strassenrand und hoffe, etwas von dem Umzug in meine Kamera zu bannen.


..auf dem Markt sind nur wenig Kunden, ....


..am Strassenrand um so mehr!

..die Ehrentribüne mit Stadtpräsident Zubizarreta im Cowboyhut

WOW..die Schweizerfahne!

Sämtliche Schulen marschieren in ihren schmucken Uniformen, die Lehrerinnen in Highheels, an dem interessierten Publikum vorbei. Dazu werden Pauken und Trommeln geschlagen, vor der Ehrentribüne wird jeweils angehalten und gegrüsst. Sieh da, sogar eine Schweizerfahne "läuft" mit! Es gibt in San Bernardino ungefähr dreissig Schulen, eine davon ist die Johann Heinrich Pestalozzi Schule.
Das "Casa Hassler", heute befindet sich eine Bibliothek darin, wurde nach dem berühmten Genfer Botaniker, Emile Hassler, benannt, der sich in San Bernardino längere Zeit aufhielt, um die Flora Paraguays zu erforschen.
3 volle Stunden dauert der Umzug und es wird immer kälter!


...allerlei Krimskram....

..Schmuck von Indios....

"Chipa, Chipa! Chipa rica!"

Hüte, Handschuhe, Mützen

Ahh..unser Gärtner, Javier, ist auch da!

Um 14.00 Uhr findet ganz in der Nähe unserer Freunde eine Jineteada (wilde Reiterspiele) statt. Das wollte ich mir schon lange einmal ansehen! Heute jedoch ist das Wetter so schlecht, es regnet in Strömen, dass wir beschliessen,  nach Hause zu fahren.



"Mein" Baum im abendlich geröteten Himmel

http://nachrichten.com.py/                             http://sanbernardino.gov.py/tour-360/